BEATRIX CORDUA: DIE NACKTE PRIMABALLERINA

BERLIN

Beatrice „Trixie“ Cordua tanzte unter John Neumeier in Hamburg. Bei ihrem letzten Solo 1969 war sie nackt. Auch heute sind ihre Stücke an der Berliner Off-Bühne Dock 11 alles andere als massenkompatibel. Immer wieder fallen die Hüllen.

Schwer zu glauben, dass diese Frau bereits 71 ist. Mit ihren langen rot-braunen Haaren und dem glatten Gesicht sieht sie locker 20 Jahre jünger aus. Sie steht in der Tür ihrer Neuköllner Altbauwohnung, in der sie seit 1994 lebt, und bittet uns herein. Bis an die Decke stapeln sich Bücher und Filmrollen in dem engen Flur. Das Wohnzimmer ist ein Sammelsurium aus Bildern ihres Mannes, dem Künstler und Filmemacher Ludwig Schönherr. Eine Puppe der amerikanischen Comicfigur Wonder Woman hängt zwischen Fotografien von Werbeanzeigen aus den 70ern. Gerade war der Kurator der Biennale in Venedig da, um sich Schönherrs Werke zeigen zu lassen. „Von mir sieht man hier eigentlich wenig“, sagt Trixie Cordua mit leichtem Hamburger Akzent. „Sein erster Film von 1968 war über mich. Aber sonst hat mein Mann eher die anderen Ballett-Mädchen fotografiert.“

In Hamburg tanzte Trixie Cordua jahrelang unter dem amerikanischen Ballettdirektor und Choreographen John Neumeier. Sie war lange seine Primaballerina, später ging sie als erste Solistin an die Berliner Volksbühne. Heute produziert sie eigene Stücke, oft zusammen mit dem Künstler Thomas Langkau und meistens im Dock 11, einer Off-Bühne im Prenzlauer Berg. „Es sind immer recht heikle Stücke“, erklärt Trixie Cordua und schiebt eine DVD in den Computer.

Vor einer Lagerhalle tanzt sie nackt Schuhplattler. Im nächsten Stück führt sie ein Busen-Ballett auf. Auf einer Einladungskarte wäscht sie sich nackt die Füße in einem Waschbecken. Warum diese Sehnsucht nach Nacktheit? „Ich weiß auch nicht, warum ich immer nackt bin“, sagt sie fast ein bisschen verschämt. „Das war schon früher so. Da habe ich für Freunde meines Mannes, alles Filmemacher, Nacktszenen gedreht. Auch für Neumeier habe ich ein Solo nackt getanzt.  Mir hat das nichts ausgemacht. Ich wurde sehr frei erzogen“, sagt sie.

Seit sie in Berlin lebt, sei sie zum ersten Mal glücklich in einer Stadt. „Berlin ist so ungewöhnlich, weil es viel von Deutschland zeigt. Es zeigt unserer Geschichte, unsere Stärken, aber auch unsere Schwächen. “ Auch ihr Neuköllner Kiez ist im Umbruch: Seit der Flughafen Tempelhof geschlossen wurde und sich auf dem Areal ein riesiger Park befindet, ist die Gegend um die Schillerpromenade beliebt. Sie galt früher als sozialer Brennpunkt. Dann kamen die Künstler und kleine Galerien, jetzt machen nach und nach hübsche Cafés auf. Trixie Cordua fühlt sich wohl hier, auch wenn es viele soziale Probleme gibt. „Die Mischung ist besser geworden. Mir sind die Menschen in Neukölln lieber als diese Fassadenleute in Charlottenburg.“

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Trixies persönliche Lieblingsorte in Berlin sind:

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